Die Kurzgeschichte „Vera sitzt auf dem Balkon“ von Sibylle Berg aus dem Jahr 1997 handelt von einer Szene in einer unglücklichen Ehe und hat mich angesprochen.
An einem Sommerabend verbringt das Ehepaar Vera und Helge die Zeit auf dem Balkon. Vera möchte etwas unternehmen, gibt den Gedanken jedoch bald wieder auf. Sie versucht, mit Helge zu kommunizieren, doch er ignoriert sie und trinkt Bier. Vera legt ihre Hand auf Helges Hand; Helge rührt sich nicht. Vor Scham geht sie in die Küche und macht den Abwasch, während sie sich Gedanken über andere Dinge macht.
„Vera sitzt auf dem Balkon“ ist eine typische Kurzgeschichte. Sie hat einen unmittelbaren Einstieg und einen offenen Schluss. Es werden einfache Sätze und die Alltagssprache benutzt. Die Handlung wird aus der auktorialen Erzählperspektive erzählt. Veras und Helges Hände werden personifiziert, z.B. „denkt Veras Hand“ (Z.38) und Helges Hand „atmet“(Z.29). Im Text werden nur Veras Gedanken erzählt, über Helge wird kaum etwas erzählt.
Vera und Helge sind schon sehr lange verheiratet, doch die Liebe ist schon längst nicht mehr da, ob sie je da war, wissen wir nicht. Sie wissen beide gar nicht mehr, warum sie verheiratet sind, das schließt man aus dem Satz: „Wissen sie eigentlich gar nicht, warum.“ (Z.2) Der Satz ist grammatikalisch gar nicht korrekt; dadurch wird die verwirrende Beziehung des Ehepaars dargestellt. Der Autor benutzt einen Neologismus: „fleischwarm“ (Z.4). Die Nacht wird als fleischwarm bezeichnet, es ist eine Nacht für Liebende, um ihre Liebe zu zeigen. Doch Vera und Helge können nichts mehr miteinander anfangen, ihre Liebe ist bereits tot. Vera versucht dennoch, ihre Liebe zu retten, es ist jedoch hoffnungslos. Die Bemühung ist nur einseitig. Helge respektiert Vera nicht, er lässt sie einfach dastehen, als sie ihn anredet. Er trinkt Bier und sitzt einfach da. Helge zeigt durch seine Reaktionslosigkeit gegenüber Veras Hand nochmals seinen Widerwillen, sich mit Vera auszutauschen. Er ist gleichgültig Vera gegenüber und Vera fühlt Sinnlosigkeit im Leben, da Helge sie ignoriert. Es lässt einen vermuten, dass Vera alle Haushaltsarbeiten macht, weil sie und Helge Kommunikationsprobleme haben. Es ist bestimmt sehr anstrengend, denn Vera arbeitet nebenbei noch.
Der Höhepunkt der Geschichte kommt, als Vera ihre Hand auf Helges Hand legt. Die Leser werden enttäuscht, da Helge nicht darauf reagiert. Vera ekelt sich vor Helges Hand, sie nennt sie „schwitziges Ding“ (Z.35). Vera möchte sich Helge nähern, während er sie wegstößt.
Der Titel „Vera sitzt auf dem Balkon“ zeigt auch, dass Helge nichts mit Vera unternimmt, dass es zwischen Vera und Helge keine Verbindung mehr gibt. Er sitzt einfach da. Es wäre genau dasselbe passiert, wenn anstatt Helge nichts da wäre.
Die Geschichte zeigt, wie das Ende einer Ehe aussehen könnte. Vielleicht ist es ein Kommunikationsproblem oder der Mann hat eine Affäre oder es hat von Anfang an keine Liebe gegeben. Meine Meinung ist, dass es wenig Sinn macht, eine Ehe in einem solchen Fall aufrechtzuerhalten, und da die Frau einen Beruf ausübt, gäbe es eigentlich kein Problem, wenn sie sich scheiden ließen.
P.S.: Die Interpretation ist meine persönliche Ansicht, deshalb bitte nicht kopieren.
Text: Shulei Liu